DAS INTERNATS-SYNDROM
Das Internats-Syndrom wurde bereits vor mehr als 30 Jahren im angelsächsischen Raum von zwei Psychoanalysten ins Leben gerufen. Unabhängig voneinander fiel ihnen in ihrer Arbeit auf, dass sich bei ihren Klienten und Klientinnen Parallelen aufzeigen, die bereits in jungen Jahren ihre Familien verlassen haben.
Was ist das Internats-Syndrom?
Das Internats-Syndrom wurde von der Britin Joy Schaverien ins Leben gerufen.
Sie definierte den Begriff Internats-Syndrom, um die psychischen und körperlichen Folgen eines Kindes zu beschreiben, das in jungen Jahren auf einem Internat gelebt hat.
Das Internats-Syndrom ist kein medizinischer Begriff. In den meisten Fällen ist es wahrscheinlicher, dass eine Person Hilfe sucht, um eine allgemeine Depression, Beziehungsschwierigkeiten oder andere emotionale Probleme zu überwinden.
Kinder auf einem Internat stammen überwiegend aus wohlhabenden Familien, die sich ein sicheres und soziales Umfeld für ihr Kind wünschen. Ein Umfeld, das dem Kind einen guten Bildungsweg ermöglicht und ein zweites sicheres Zuhause darstellen soll. Dafür bezahlen sie sehr viel Geld.
Auch gibt es Internate für Hochbegabte oder mit Auffälligkeiten wie AD(H)S, Asperger und anderen Besonderheiten. Kinder mit außergewöhnlichen Leistungen im Bereich Sport besuchen auch oft ein Internat. Das Jugendamt zieht ebenfalls das Internat vor, wenn das Kind in schwierigen Verhältnissen lebt.
Internate bieten kleinere Klassengrößen an, Lehrer/-innen und Erzieher/-innen, die gezielter auf die Kinder eingehen können und sie sind oft idyllisch gelegen, an Orten, die einem Märchentraum gleichen. Natürlich lädt das auch schon junge Menschen ein, an so einem Ort leben zu wollen. Aber ein Internat hat auch seine Schattenseiten, die ich hier gezielt hervorheben möchte.
Der Hintergrund meiner Aufklärungsarbeit über das Internats-Syndrom ist nicht, das Internat von dieser Welt zu verbannen. Vielmehr handelt meine Arbeit darüber, über die vielen Stolpersteine zu sprechen, die ein Leben auf dem Internat bereithält und dessen Auswirkungen zu schwerwiegenden Problemen führen können. An erster Stelle steht, dass (ehemalige) Internatsschüler/-innen sensibilisiert werden ihre Verhaltensweisen zu beobachten und diese besser einordnen zu können, um gesundheitlichen Folgen vorzubeugen.
Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Kinder, die in jungen Jahren von ihren Familien getrennt werden, einen schweren Verlust ihrer primären Bindungen erleiden und dass viele von ihnen von Trauma betroffen sind. Die Auswirkungen aus dieser Zeit reichen oft bis ins hohe Erwachsenenalter hinein.
Die Auswirkungen sind vielfältig und führen zu gescheiterten Ehen, zerbrochenen Freundschaften, Angststörungen, Depression, Drogenkonsum, Alkoholismus, Panikattacken, Einsamkeit und anderen emotionalen Herausforderungen.
Ehemalige Internatsschüler/-innen berichten oft davon, sich von ihrer Außenwelt abgeschnitten zu fühlen. “Ein Leben wie in einer Blase”.
Den Grund, warum sie in der Therapie sitzen, verbinden sie meist nicht mit der Zeit von damals im Internat.
Als Kind hatten sie das Gefühl, aufgrund des Privilegs eine Privatschule besuchen zu dürfen, nicht dazu berechtigt zu sein, diesen Trennungsschmerz zu empfinden was dazu führte dass sie dachten sie seien falsch, weil sie mit dieser “privilegierten” Situation nicht glücklich sein konnten. Es gab keinen anderen Weg als sich dem neuen Leben anzupassen.
Dabei wird ein Schutzschild aufgebaut, um die empfundene Verletzlichkeit zu verbergen.
Kinder, die auf ein Internat gegeben werden, erleben einen erheblichen Verlust ihrer Bindungen zu ihren Eltern/Geschwistern/Haustieren, zu ihrem gewohnten Umfeld, wie bspw. die vertraute Nachbarschaft und überhaupt die Bindung zu ihrem “Zuhause”. Das Gefühl von Heimat ist Kindern, die in jungen Jahren auf einem Internat gelebt haben, häufig fremd.
Diesen tiefsitzenden Schmerz versteckt das Kind vor den anderen Schüler/-innen, da es befürchtet, gemobbt oder verspottet zu werden. Die emotionale Belastung wird unterdrückt und die Kinder lernen, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Das Kind entwickelt eine “defensive und schützende Einkapselung seines Selbst”.
Ehemalige Internatsschüler/-innen mögen sozial selbstsicher erscheinen, darunter verbirgt sich oftmals ein tiefes Misstrauen gegenüber Beziehungen. Eine Person in dieser Situation zieht sich womöglich vorzeitig zurück, weil sie fürchtet, zurückgewiesen zu werden. Für Menschen mit Internats-Syndrom ist es auch typisch, eine Therapie oder ein Coaching vorzeitig zu beenden – was ebenfalls als eine Art von Beziehung angesehen werden kann.
Internate sind auch prädestinierte Orte für Mobbing, Missbrauch und brutale Aufnahmerituale, die tiefe emotionale Narben hinterlassen.
Die Überlebensstrategie vieler Internatsschüler/-innen besteht ist die Dissoziation. Ab diesem Moment verändert sich die Wahrnehmung des Kindes. Es ist eine Überlebensreaktion um in diesem System zu überleben. Völlig unbewusst gehen sie abgespalten von ihren Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen und Wahrnehmungen durch die Welt, was ihnen häufig im Erwachsenenalter das Gefühl von einem Leben wie in einer Blase verleiht. Ein Leben getrennt von der Außenwelt. Ehemalige Internatsschüler/-innen haben oft Schwierigkeiten, Emotionen und Gefühle zu benennen.
Die Auswirkungen im Erwachsenenalter sind vielfältig und führen zu gescheiterten Ehen, zerbrochenen Beziehungen, Angststörungen, Depressiven Episoden, Drogenkonsum, Alkoholismus, Panikattacken, Einsamkeit und anderen emotionalen Herausforderungen.
Das Internats-Syndrom ist kein medizinischer Begriff. Er wurde definiert, um eine Reihe von Symptomen und Verhaltensweisen zu beschreiben. In den meisten Fällen ist es wahrscheinlicher, dass eine Person Hilfe sucht, um eine allgemeine Depression, Beziehungsschwierigkeiten oder andere emotionale Probleme zu überwinden.

Wie erkenne ich das Internats-Syndrom?
Erkennst du eines dieser Anzeichen und Symptome bei dir selbst?
- Macht dir emotionale Intimität Angst oder erscheint sie dir sogar unmöglich?
- Hast du die meiste Zeit deines Lebens in Einrichtungen der einen oder anderen Art verbracht?
- Funktionierst du auf sozialer oder finanzieller Ebene gut, aber auf emotionaler Ebene sehr schlecht?
- Hast du ein schwieriges Verhältnis zur Autorität?
- Kannst du dich nicht entspannen?
- Weißt du oft nicht, was du brauchst oder willst?
- Fühlst du dich allein, auch wenn du von Menschen umgeben bist?
- Gibt es beunruhigende Lücken in deinem Gedächtnis?
- Hast du Angst vor dem Scheitern?
- Gehst du deinem Partner aus dem Weg, auf subtile oder weniger subtile Weise?
- Hast du Angst, dass du nicht liebenswert bist?
- Vergräbst du dich in der Arbeit?
- Hast du mit Suchtproblemen zu kämpfen?
- Hast du das Muster, dich nicht auf Beziehungen einzulassen oder zwischen alternativen Partnern zu schwanken?
- Vermeidest du offene und ehrliche Konflikte und bevorzugst heimliche oder verdeckte Rebellionen?
- Reagieren die Leute auf dich, als wärst du ein Tyrann?
- Denkst du, dass du dich immer um andere kümmerst?
- Fällt es dir schwer, Eltern zu sein?
- Ist es deine oberste Priorität, Ärger zu vermeiden?
- Hast du Angst, als Betrüger oder Hochstapler entlarvt zu werden?
- Leidest du unter Schlafstörungen, sexuellen Problemen oder anderen chronischen, stressbedingten Problemen?

Wie kann ich mit dem Internats-Syndrom umgehen?
Die meisten Menschen, die unter dem sogenannten Internats-Syndrom leiden, suchen oft nicht aktiv nach Hilfe. Dieser Begriff ist keine medizinische Diagnose, sondern vielmehr eine Hypothese, die entwickelt wurde, um eine Reihe von Symptomen und Verhaltensweisen zu beschreiben.
Die Auswirkungen eines Internats auf eine Person werden oft von ihr selbst nicht erkannt. Stattdessen wird der Internatsaufenthalt häufig als außergewöhnlich und privilegiert wahrgenommen. Vernachlässigung und Bindungsprobleme werden möglicherweise durch ein falsches Gefühl der Unabhängigkeit überdeckt. Die Auswirkungen von Internatserfahrungen und den Ereignissen vor der Internatszeit werden in der Regel erst im Rahmen von Therapie oder Coaching deutlich.
In der Arbeit mit dem Internats-Syndrom sind 3-Schritte essentiell:
Anerkennung, Akzeptanz, Integration

Schritt 1. Anerkennung:
Mir ist das als junges Kind passiert und wir Menschen sind dafür nicht geschaffen
Wir sind lange Zeit von unseren Bindungspersonen abhängig, es entspricht nicht unserer Natur so früh getrennt zu werden
Ich bin zu früh aus der Familie gegangen
Es ist Fakt, dass mir das höchstwahrscheinlich nicht gut getan haben kann, auch wenn das Internat womöglich zu diesem Zeitpunkt der sicherere Ort war

Schritt 2. Akzeptanz:
Ich weiß jetzt dass ich damals als Kind eine Überlebenspersönlichkeit entwickeln musste, als Ersatz für die Bindung an meine Eltern, weil sie nicht da waren
Deswegen klammere ich mich an dieser Überlebenspersönlichkeit fest, sie hat mir Halt gegeben
Diese Überlebenspersönlichkeit hat mir damals als Kind geholfen - Jetzt sorgt sie für Probleme und macht mich auf Dauer krank
ich habe dadurch emotionalen Schaden davongetragen, was meine Symptome/Anzeichen erklärt
Oft wird den Klienten in der Akzeptanzphase bewusst, dass die Überlebenspersönlichkeit möglicherweise ein ziemlich masochistisches Wesen hatte. Wir behandeln uns dadurch oft nicht gut und führen keine Selbstfürsorge für uns durch.

Schritt 3. Integration:
Durch die Arbeit mit Konstantin lerne ich die Verhaltensweisen meiner Überlebenspersönlichkeit zu identifizieren und anschließend zu integrieren
Dadurch kann ich nach und nach loslassen
Ich darf wieder ein Leben in Freude und Gelassenheit leben 🧡
Diese 3-Schritte sind Teil unserer Zusammenarbeit und Voraussetzung für deinen Frieden sowohl im Inneren als auch im Außen.
Ich freue mich auf Dich.
Was ist das Internats-Syndrom?
Joy Schaverien, eine renommierte Jung'sche Psychoanalytikerin und Autorin des Buches "Boarding School Syndrome: The psychological trauma of the 'privileged' child" (Internats-Syndrom: das psychologische Trauma des "privilegierten" Kindes), prägte erstmals den Begriff "Internats-Syndrom". In ihrer Arbeit zieht sie Parallelen zwischen den Erfahrungen eines Kindes im Internat und dem Gefühl einer Einweisung in ein Pflegeheim.
Für das internatsbedingte Bindungstrauma beschreibt Schaverien den Prozess, bei dem ein Kind unter dem Vorwand einer privilegierten Chance aus der familiären Umgebung gerissen wird. Oftmals fühlt sich das Kind aufgrund des "Privilegs auf eine Privatschule gehen zu können” nicht berechtigt, diesen Verlust als schmerzhaft zu empfinden. Ohne nahestehende Trostspender wie die Eltern oder engen Bezugspersonen baut das Kind eine emotionale Schutzmauer auf, um die wahrgenommene Verletzlichkeit zu verschleiern.
Schaverien wurde in ihrer Praxis in Großbritannien zunehmend auf die Auswirkungen von Internatsaufenthalten aufmerksam, insbesondere bei den Erwachsenen, die in “jungen Jahren” ihre Familien verlassen haben.
Bei ihren Klientinnen und Klienten, die ein Internat besucht hatten, identifizierte sie verzerrte Muster von Symptomen und Verhaltensweisen. Viele von ihnen litten unter einer verborgenen seelischen Erschütterung, nichts anderes ist ein Trauma und sie erkannten dabei nicht den Zusammenhang zwischen ihren aktuellen Schwierigkeiten und der Zeit von damals auf dem Internat.
Sie stellte fest, dass ehemalige Internatsschüler eine “defensive und schützende Einkapselung ihres Selbst” entwickelt hatten, um in dieser Zeit zu überleben. Dies führte dazu, dass die eigentliche Identität dieser Personen im Verborgenen blieb. Schaverien betont, dass dieses Trauma erhebliche Auswirkungen auf das Erwachsenenleben hat und vertraute Beziehungen verzerre.
Trauma und Trauer
Wenn Kinder in jungen Jahren gegen ihren Willen auf ein Internat gegeben werden, geraten sie in eine emotionale Achterbahn. Auch wenn ein Kind früh auf ein Internat gehen will, hat das wenig Auswirkungen darauf, was in dem Kind auf körperlicher Ebene geschieht. Ein Kind im Alter von bspw. 10 Jahren kann nicht einschätzen, was es bedeutet, auf sich allein gestellt zu sein, in einem solchen System. Am Ende ist es die Entscheidung der Eltern.
Die Trennung von vertrauten Gesichtern und dem gewohnten Zuhause ist für sie eine harte Realität. Manchmal haben diejenigen, die in ausländische Schulen geschickt werden, nicht einmal die Chance, in den Ferien nach Hause zu fahren. Diese Kinder kämpfen mit einem Verlust, den sie noch nicht verstehen können. Der schwere emotionale Stress, den sie erleben, bleibt oft im Verborgenen, aus Angst vor Hänseleien oder Spott. Auf meinem zweiten Internat lebten einige Schüler/-innen aus dem asiatischen Raum. Sie konnten, wenn überhaupt, nur in den Ferien nach Hause.
Selbst diejenigen, die in bestimmten Abständen nach Hause zurückkehren können, durchleben erneut das Trauma, wenn sie nach den Heimfahrtwochenenden zurückkehren. Es entsteht ein zyklisches Muster von zerstörten Bindungen und Trauer.
Die erzwungene Trennung von den Eltern führt zu Traumatisierung, da das Kind lernen muss, ohne die vertraute Nähe seiner Eltern oder engen Bezugspersonen zu existieren. Es ist, als ob man bereits in jungen Jahren lernen müsse, ohne die Liebe zu leben. Leider wird dieser schmerzhafte Verlust von den Erwachsenen oft heruntergespielt, während das Kind im Stillen unter Heimweh leidet, das psychologisch betrachtet eher einem Trauerfall gleicht. Kinder lernen, ihre wahren Gefühle zu verbergen, da Tränen auf einem Internat oft nicht erwünscht sind oder sogar Gefahr bedeuten. Sie entwickeln eine “defensive und schützende Einkapselung ihres Selbst".
Mobbing, Missbrauch
Selbstverständlich gibt es Mobbing auch in anderen Schulen, doch ein grundlegender Unterschied zu Internaten ist die Unerbittlichkeit. Die Schüler halten sich dort 24 Stunden, sieben Tage die Woche auf. Es gibt dort keinen Ausweg und keine Eltern oder Geschwister, die eingreifen könnten. In diesem isolierten Umfeld sind sie auf sich allein gestellt, und der Mangel an familiärer Unterstützung macht die Situation umso belastender. Teilweise wohnt der Feind sogar im selben Zimmer.
Auch sexueller Missbrauch ist in Internaten weit verbreitet. Die Abwesenheit von Eltern, die auf Anzeichen für Missbrauch aufmerksam werden könnten, macht es Täterinnen und Tätern in Internaten leichter. Kinder können die Situation auch missverstehen und die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit begrüßen, wenn sie sich von ihren Eltern allein gelassen fühlen. Auf meinem ersten Internat wurden 2010 zahlreiche Missbrauchsfälle gemeldet.
Internate sind auch berüchtigt für Aufnahmerituale. Zeremonien, Traditionen, die von sogenanntem “harmlosen Spaß” bis hin zu Zwischenfällen mit körperlichem oder sexuellem Missbrauch reichen. Es handelt sich um hochgradig traumatisierende Erfahrungen, die tiefe emotionale Narben bei den Kindern hinterlassen.
Die Dissoziation als Überlebensstrategie
Bei Dissoziation handelt es sich um einen Bruch, in der Art und Weise, wie der Verstand mit Informationen umgeht. Eine Person kann sich von Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen, der Umgebung oder sogar der eigenen Identität abspalten. Sich von emotionalen Turbulenzen zu distanzieren, ist eine bei Internatsschüler/-innen gängige Überlebenstechnik.
Es ist ein Überlebensmechanismus, der Internatskindern hilft, ihre traumatischen und belastenden Situationen zu bewältigen.
Kurz gesagt: “Wenn die Gefahr zu groß wird, entfernen wir uns von unserem eigenen Körper." Das ist einer der Gründe, warum ehemalige Internatskinder oft Schwierigkeiten haben, Emotionen und Gefühle zu erkennen und zu spüren.
Mögliche Folgen im Erwachsenenalter
Auch Nick Duffell, Psychotherapeut und ehemaliger Internatsschüler sowie Internatslehrer, beobachtet, dass Kinder, die in jungen Jahren ihre Familien verlassen haben, in Internaten "überleben", indem sie ihre Gefühle unterdrücken und ein defensives Ich aufbauen.
“Vorzeitig von ihrem Zuhause und der Familie getrennt, müssen sie sich schnellstens als ein “selbstständiger Pseudo-Erwachsener” neu erfinden”, erklärt er.
Die Auswirkungen beschreibt Duffell so: “Paradoxerweise kämpfen sie dann um eine richtige Reife, da das Kind, das organisch nicht heranwachsen durfte, sozusagen in ihnen feststeckt.”
Schaverien bezeichnet die Entwicklung einer Persönlichkeitsspaltung. “Es ist den zerbrochenen Bindungen, dem Verlust von Familie und Zuhause gemein, eine Spaltung in der Persönlichkeit zwischen dem gepanzerten Internatskind (Selbst) und dem empfindsamen, verletzlichen Zuhause-Kind (Selbst) zu verursachen.”
Duffell beschreibt seine Internats Erlebnisse auch als Erfahrung, bei der ein Kind stets wachsam sein muss, um keinen Ärger zu bekommen, und wo es auf keinen Fall unglücklich aussehen darf, weil es sonst Gefahr läuft, gemobbt zu werden. Ein Kind lernt schnell, dass es niemals und auf keine Weise verletzlich erscheinen darf und, laut Duffell, “trennt es sich so von all diesen Eigenschaften, projiziert sie auf andere und entwickelt eine zweideutige Persönlichkeit”.
Kinder, sagt er, bänden sich eher an die interne Struktur ihres Internats als an die Struktur ihrer Eltern und nehmen auf diese Weise “eine permanente unbewusste Angst” mit in das Erwachsenenalter hinein.
Ehemalige Internatsschüler/-innen mögen vielleicht sozial selbstsicher wirken, aber oft verbirgt sich dahinter ein tiefes Misstrauen gegenüber Beziehungen. Sie neigen dazu, sich vorzeitig aus Beziehungen zurückzuziehen, aus Angst vor Ablehnung. Das vorzeitige Beenden von Therapien kommt ebenfalls häufig vor bei Menschen mit Internats-Syndrom, da auch eine Therapie als eine Art Beziehung angesehen werden kann.
Behandlung
Die meisten Menschen, die unter dem sogenannten Internats-Syndrom leiden, suchen oft nicht aktiv nach Hilfe. Dieser Begriff ist keine medizinische Diagnose, sondern vielmehr eine Hypothese, die entwickelt wurde, um eine Reihe von Symptomen und Verhaltensweisen zu beschreiben. In vielen Fällen ist es wahrscheinlicher, dass Menschen Hilfe suchen, um mit allgemeinen Depressionen, Beziehungsschwierigkeiten oder anderen emotionalen Herausforderungen umzugehen.
Die Auswirkungen eines Internats auf eine Person werden oft von ihr selbst nicht erkannt. Stattdessen wird der Internatsaufenthalt als außergewöhnlich und privilegiert wahrgenommen. Vernachlässigung und Bindungsprobleme werden möglicherweise durch ein falsches Gefühl der Unabhängigkeit überdeckt. Die Auswirkungen von Internatserfahrungen und den Ereignissen vor der Internatszeit werden in der Regel erst im Rahmen von Therapie oder Coaching deutlich.
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